Freitag, 26. Januar 2007

Mobilität im Jahr 2025

Für die anhaltende Diskussion über die demografische Entwicklung in Deutschland und die Folgen für den Sozialstaat möchte ich auf eine Veröffentlichung hinweisen, die in der Zeitschrift "Straßenverkehrstechnik" Nr. 1/2007 über die Zukunft der Mobilität mit Szenarien für das Jahr 2025 aufwartet. Grundlage des Artikels ist eine Studie des Instituts für Mobilitätsforschung Berlin, die in einem zusammenfassenden Vortrag von Dr. W. Hell auf dem Deutschen Straßen- und Verkehrskongress 2006 in Karlsruhe vorgestellt wurde. Es wurden erstmalig Gesamtverkehrsszenarien entwickelt, die "nicht nur übergreifend die Verkehrsträger Straße, Schiene, Luft und Wasser analysieren, sondern sowohl Personen- als auch Güterverkehr in die Betrachtung einbeziehen." Die Studie soll dazu beitragen, langfristige Entwicklungen der Mobilität darzustellen, um sich fundiert und umfassend damit auseinandersetzen zu können, d. h. auf Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse in der Politik Einfluss nehmen zu können. Hier gibt es nach Ansicht der Autoren vor allem für Politik und Medien noch erheblichen Vermittlungsbedarf: "Denn man kann ... davon ausgehen, dass es langfristig kein Wirtschaftswachstum in Deutschland ohne eine Zunahme der Verkehrsnachfrage geben wird."

Die Botschaft wird klarer, wenn man das Institut für Mobilitätsforschung genauer unter die Lupe nimmt. Es ist eine Forschungseinrichtung der BMW Group, die "sich zukunftsorientiert, interdisziplinär und verkehrsträgerübergreifend mit Mobilität beschäftigt, um auf zukünftige Herausforderungen hinzuweisen und isolierte oder einseitige Sichtweisen in der Diskussion des Themas aufzubrechen."

Die Arbeit des Instituts wird begleitet von einem Kuratorium, dem neben renommierten Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft auch Repräsentanten der BMW Group, der Deutschen Lufthansa AG, der Deutschen Bahn AG und der MAN AG angehören. Vorsitzender ist Prof. Dr. Peer Witten, Mitglied des Aufsichtsrates der Otto-Gruppe und Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Logistik (BVL). Da ist es natürlich, dass prognostiziert werden:
- ein durch die demografische Entwicklung, Bevölkerungsverteilung, Veränderungen in Gesellschaft
und Arbeit und die Einkommensentwicklung abgeschwächtes Wachstum des Personenverkehrs
sowie Rückgang des ÖPNV,
- eine Steigerung des Güterverkehrs von ca. 80 % bis 2025 vorrangig auf der Straße.
Und weiter wird erklärt, dass dieser enorme Zuwachs an Straßengüterverkehr mit dem herkömmlichen Infrastrukturausbau nicht mehr beizukommen sein wird. Und nun kommen die bekannten Lösungsvorschläge wie Privatisierung des Bundesfernstraßennetzes , Vernetzung mit privaten Navigationsdiensten und - wen wundert´s - Erhöhung der zulässigen LKW-Abmessungen. Die knappen finanziellen Ressourcen der öffentlichen Hand können dann für die Instandhaltung von Straßen und Brücken investiert werden.

Merke: Man soll die Personen hinter den Aussagen genauer in Augenschein nehmen, um zu erkennen,
warum wann welche Informationen in die Öffentlichkeit lanciert werden.

Die Publikation kann kostenlos bezogen werden unter institut@ifmo.de.

Links:
Straßenverkehrstechnik
Institut für Mobilitätsforschung


Freitag, 19. Januar 2007

Fundstück

Zum momentan alles beherrschenden Thema "Aufstand der Alten" hier eine Leserzuschrift aus "Die Welt" vom 18. Januar 2007, die als eine kurze, aber prägnante Stellungnahme eines "Alten" gelten kann:

Alte, wollt ihr ewig leben ? Ich - 79 Jahre alt - verzichte.
Bei Gründung der Bundesrepublik und der Verabschiedung des Grundgesetzes standen im Mittelpunkt der Mensch, die Demokratie sowie die soziale Verantwortung des Staates, der Wirtschaft und der Rechtsprechung für ihn. In den letzten 20 Jahren steht die Vermehrung des Reichtums für wenige im Mittelpunkt. Wir haben jetzt den kapitalistischen Staat, der mit absonderlichen Formulierungen das bestehende Rechtsgut unter dem Namen Reform abbaut.
Nein, ich möchte hier nicht ewig leben.
Walter Wasilewski
41844 Wegberg

Traurig, ein solches Resümee eines langen Lebens, das Krieg, Nachkriegszeit, Gründung und Entwicklung der Bundesrepublik und die Wiedervereinigung Deutschlands erlebt hat.

Donnerstag, 18. Januar 2007

Gier

Weil wir gerade von Gier sprachen: Da passt ein Kommentar von Nikolaus Piper in der Süddeutschen Zeitung vom 17. Januar 2007 "Gier und Transparenz" gut dazu. Robert Nardelli, der gefeuerte Chef der amerikanischen Baumarktkette "Home Depot", schied "im gegenseitigen Einvernehmen" und bekam eine Abfindung von sage und schreibe 210 Millionen Dollar (für 6 Jahre Betriebszugehörigkeit). Dabei betrug sein Jahresgehalt bereits 38 Millionen Dollar.

Was machen wir falsch ?

Hartz - der Name bleibt

Heute vermeldet die Presse den gestrigen Auftritt des ehemaligen VW-Personalvorstandes Peter Hartz (65) vor dem Landgericht Braunschweig. Der Vorwurf: Untreue in 44 Fällen und Begünstigung des Betriebsrates in 23 Fällen. Hartz, früherer Freund des ehemaligen Bundeskanzlers Schröder, war Erfinder von Arbeitszeitmodellen wie der Vier-Tage-Woche bei VW in Wolfsburg, des Projektes 5000 x 5000 oder der "atmenden Fabrik". Sein Name steht für die Arbeitsmarktreformen der Regierung Schröder und bleibt wohl für immer mit deren Misserfolg verbunden. Vor seiner Entscheidung zur Mitarbeit soll Hartz den VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech nach seiner Meinung dazu gefragt haben. Nach 10 Minuten Bedenkzeit riet ihm Piech vorausschauend ab, "weil im Fall eines Erfolgs Schröder der Gewinner sei und im Fall eines Desasters der Name Hartz bleibe" (SZ).

Doch der "hemmungslose Rechthaber" und von "rasender Eitelkeit" (SZ) getriebene Hartz hielt sich nicht zurück und muss nun damit leben, dass sein Name auf Spruchbändern bei Demonstrationen erscheint und Inbegriff von Elend und Sozialabstieg geworden ist. Angeblich soll er überlegt haben, den Begriff "Hartz IV" verbieten zu lassen. Aber der gute Ruf ist sowieso dahin, selbst nach dem Deal mit Staatsanwaltschaft und Gericht, den Fall als "Untreue" zu behandeln und nach einem ausführlichen Geständnis auf eine Hauptverhandlung mit Zeugen - womöglich u.a. Prostituierten - zu verzichten und damit den unappetitlichen Teil der Verfehlungen aus der öffentlichen Wahrnehmung herauszuhalten. Man denke nur an die Behandlung dieses Themas in den Medien !

Eine Frage stellt sich mir doch immer wieder:
Wie kann ein Top-Manager im vollen Bewußtsein ständiger strafbarer Handlungen sich so weit in die Politik - und damit die Öffentlichkeit - begeben ?
Sind Gier und Machtstreben tatsächlich so stark, dass man verdrängt, welche Lawine sich langsam aber stetig aufbaut und über kurz oder lang ins Rollen kommt ?

So bleibt unabhängig von der rechtlichen Seite der Affäre der Makel der gescheiterten Reformen am Namen Hartz hängen, was vielleicht die größere Strafe ist.

Mittwoch, 17. Januar 2007

Spruch des Tages

Wo Politik ist oder Ökonomie, da ist keine Moral.
(Friedrich von Schlegel).

Dienstag, 16. Januar 2007

Das Geld und Martin Luther King

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16.01.2007 erregte folgende Überschrift mein Interesse:
Amerikanische Börsen: Börse gedenkt Martin Luther King.

Nun kann ich mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet der amerikanische Aktienmarkt eine Gedenkminute für Martin Luther King einlegt und die Finanztransaktionen unterbricht. Schnell klärte sich der Zusammenhang beim Weiterlesen auf. Der Artikel begann nämlich so:
"Am Montag hatten die amerikanischen Börsen wegen des Martin-Luther-King-Gedenktages geschlossen." Feiertag also, und damit gar keine Möglichkeit des Gedenkens an der Börse. Im folgenden Text wird auch nur noch über "Kursgefüge", "Reaktionspotential", den "auf immer neue zyklische Tiefs sinkenden Ölpreis" und "saisonal bedingte Auftriebskräfte" referiert. Den am 15. Januar 1929 in Atlanta geborenen Bürgerrechtler würde es sicher gefreut haben, dass am Montag der Dow-Jones-Index um 0,3 % auf 12 556 Punkte gestiegen ist und an der New Yorker Börse rund 1,53 Milliarden Aktien den Besitzer wechselten.

Über dieses Blog

Heute startet "Sixty Five". Dieses neue Blog soll Meinungen zu Themen der Zeit und Erfahrungen mit der Zeit beinhalten und damit das Blog "Post aus Weimar" entlasten. Dort wird nur noch über Themen Kunst und Kultur geschrieben, während in "Sixty Five" Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Soziales zu Wort kommen sollen.